Mortua est! - Mihai Eminescu

Auf taufeuchten Gräbern ein Lichtchen entschimmernd,
In heiligen Stunden ein Glöckchen verwimmernd,
Den Flügel in Bitternis schleifend, ein Traum,
So glittst du hinüber aus irdischem Raum.

Du glittest hinüber in heitere Himmel
Mit Flüssen von Milch und mit Blumengewimmel,
Wo düstern Palästen die Wolkennacht gleicht,
Die waltenden Mondes Gefunkel bestreicht.

Entschwebend als glänzender silberner Schatten,
Die Flügel entfaltend zu himmlischen Matten,
Klomm aufwärts die Seele auf wolkigem Pfad
Durch Güsse von Strahlen, im Sternschnuppenbad.

Ein Strahl trägt dich aufwärts, Gesang ist’s, der leitet;
Fromm hast du die Arme in Kreuzform gebreitet,
Die Zauberin Zeit schafft am Webstuhl der Nacht,
Die Wasser sind Silber, mit Gold Luft bedacht.

Und während die keusche, die Seele, entgleitet,
Erblick’ ich im Sarge den Leib hingebreitet,
In langem Gewande, erfroren und bleich;
Das Lächeln nur lebt noch, wie gestern so weich -

Da regt sich verzweifelt die Frage, die wilde,
Wie kommt’s, dass du tot bist, du Engelsgebilde?
Du warst doch so jung noch, du warst doch so schön!
Welch Stern hast gelöscht du in himmlischen Höhn?

Vielleicht tun da oben sich goldene Bogen
Dir auf, von den Sternen um Schlösser gezogen,
Auf silbernen Brücken bei Blumengesang
Gehst du über Flüsse von Feuer den Gang.

Sollst Einzug halten mit leuchtenden Blicken
Und steigst auf den Thron zu erhabnen Geschicken
In bläulichem Kleide, von Golde durchwirkt,
Das Antlitz, das bleiche, vom Haarkranz umzirkt.

Der Tod ist das Chaos des Sternmeeresraums,
Das Leben nur Sumpf des begehrlichen Traums;
Jahrhundert mit Blumen und Sonnen der Tod,
Wenn Leben ein Märchen von Armut und Not. -

Vielleicht... oh! im Hirn ist ein Schwanken,
Ein Wanken, im Bösen ersticken die frommen Gedanken...
Wenn Sonnen erlöschen, und Sterne die Bahn
Verlassen, kann ich nur glauben, dass alles ist Wahn.

Das Himmelsgewölbe kann splittern und knicken,
Das Nichts uns mit nächtlichen Schwingen ersticken,
Verdunkeltes All läßt die Welten verwehn,
Im ewigen Tode vergänglich vergehn...

Wenn dies dann der Schluß ist... wird nie mehr von Leben,
Von neuem, beseelt, sich der Busen dir heben,
Auf ewig verstummt ist der liebliche Mund...
Dann war dieser Engel nur irdener Grund.

Und dennoch, du Erde so schön, tot und karg,
So lehnet zersprungen die Harfe am Sarg
Die Klage bezwingend, lobpreisen nur kann
Ein Strahl, der dem irdischen Chaos entrann.

Noch niemand gab Antwort: Ist Sein oder Nichtsein
Erwünschter... Doch wissen wir, soll denn Gericht sein,
Ja alle, was nicht ist, das fühlt keinen Schmerz,
Und Schmerzen nur, selten fühlt Freude das Herz.

Das Dasein? Ist sinnlos, ist traurige Lüge;
Denn Auge und Ohr ist drauf aus, wie’s betrüge;
Heut ist Offenbarung, was morgen nur Schaum.
Weit besser das Nichts als ein sinnloser Traum.

Verkörperte Träume auf Jagd hinter Träumen,
In Gräbern verschwindend, die alles umsäumen,
Wie töt’ ich mein Denken? Womit? Gebt mir Rat:
Mit Lachen? Mit Fluchen? Mit Weinen? Mit Tat?

Wozu?... Ist nicht alles nur Unsinn? Dein Sterben,
Engel, war es nötig? Was nützen die Scherben?
Der Sinn dieser Welt? Du, die Lächeln umschwebt,
Um so zu vergehn, hast du dazu gelebt?

Solch Sinn ist ein Unsinn, ist Lästrung und Spott,
Schrei, bleiches Gesichtchen, es gibt keinen Gott.

Added by: Adina Speranta

Translator: Christian W. Schenk
Language: German


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